Genau nach Maß fertigten Architekten der FH Dortmund den Griff für die Sportbögen von Claudia Schäfers an. Seitdem regnet es Erfolge.
FH-Architekt*innen beherrschen nicht nur die großen Gebäude. Auch was sie im kleinen Maßstab errichten, kann den entscheidenden Unterschied ausmachen. So wie für Claudia Schäfers.
Die Sportbogenschützin ist querschnittsgelähmt, sitzt im Rollstuhl und kann ihre Arme und Hände nur sehr eingeschränkt bewegen. Für die Haltung des Sportbogens fehlt ihr an den entscheidenden Stellen der Hand das Feingefühl.
Erste Lösung: zu schwer
Ihr Trainer Marco Breyer glich den Griff mit Modelliermasse an. Damit konnte Schäfers den Bogen zwar halten und sehr gut schießen – doch das zusätzliche Gewicht ließ sie schnell ermüden. Längere Wettkämpfe wurden zur Qual.
Claudia Schäfers erinnerte sich an eine Aktion der FH Dortmund zu 3D-gedruckten Hilfen für Menschen mit körperlichen Behinderungen. Sie googelte die Nummer der FH, fand den Kontakt zum Fachbereich Architektur und rief an. Der wissenschaftliche Mitarbeiter Paul-Andreas Maurer ging ran, hörte zu und sagte: ja, da könne er wahrscheinlich helfen.
Hightech-Einsatz
Mit seinem Kollegen Hendrik Preu arbeitete er sich ein. Millimetergenau scannten sie den von Marco Breyer vormodellierten Griff. Anschließend entwarfen sie die digitalen Modelle der Griffe, die es der Schützin ermöglichen sollte, Druckpunkt und Ausrichtung präzise zu kontrollieren. Und vor allem: müheloser, komfortabler. Eine spezielle Struktur im Innern des Griffs sollte zudem gewichtsreduzierend auf die gesamte Form wirken, um unkontrolliertes Wackeln bei starker Belastung zu verhindern.
Für die ersten Prototypen des 3D-Drucks wählten die wissenschaftlichen Mitarbeiter den Kunststoff PLA. Nach dem erfolgreichen Einsatz wechselten sie für die finalen Modelle auf den belastbareren Kunststoff PETG. Dazu entwarfen sie eine Halterung, die es Schäfers ermöglicht, schnell und einfach zwischen mehreren Griffvarianten für verschiedene Turnierklassen zu wechseln.
Ausdauer verdoppelt
Der erste Praxistest auf dem heimischen Übungsplatz war vielversprechend. Claudia Schäfers berichtete anschließend, dass sie nun mehr als doppelt so lange stabil und treffsicher bleibt. Bisher sei mehr als ein Wettkampf pro Wochenende nicht drin gewesen, jetzt traue sie sich ohne Weiteres auch zwei Turniere an einem Tag zu – was im Bogensport keine Seltenheit ist.
Für Paul-Andreas Maurer, Hendrik Preu und den Fachbereich Architektur der FH Dortmund ist das Projekt ein Musterbeispiel für anwendungsorientierte Forschung: Die Kombination aus digitaler Vermessung, parametrischer CAD-Konstruktion und additiver Fertigung führte zu einer individuelleren, leichteren und funktionaleren Hilfslösung als jede industrielle Standardproduktion.
Win-win
Studierende wie Mitarbeitende profitierten gleichermaßen: Sie gewannen praktische Erfahrung im Umgang mit neuester Scanner- und Drucktechnik und erprobten zugleich, wie gestalterisches und technisches Know-how zur Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Handicap beitragen kann. Damit setzt sie ein deutliches Zeichen: Architektur kann mehr leisten als Gebäude entwerfen – sie kann Menschen aktive Teilhabe ermöglichen.
Gut getroffen
„Hallo Herr Maurer“, schrieb Claudia Schäfers vor wenigen Tagen. „ich wollte ihn nur kurz mitteilen, dass der Handgriff hervorragend am Wochenende war. Es gab die ganze Zeit keine Druckstellen und auch keine Probleme. Und ich bin zweifache Deutsche Meisterin in der Einzelwertung und zweifache Deutsche Vizemeisterin in der Mannschaftswertung in meinem Verein und für Nordrhein-Westfalen. Ganz ganz ganz lieben Dank, dass das so hervorragend mit den Handgriffen funktioniert. Ein ganz großes Dankeschön an das ganze Team.
Mit ganz liebem Gruß
Claudia Schäfers“