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Die historische und sozialwissenschaftliche Forschung legt zunehmend nahe, dass die Migrationsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland umzuschreiben ist, indem erstens die Perspektive der Migrant*innen selbst in die Geschichte aufzunehmen und zweitens Migration nicht als ein gesellschaftlicher Störfaktor, sondern vielmehr als Normalfall zu betrachten ist. Konkret geht es uns um eine Alltagsgeschichte der Migration.
Prof. Dr. Noyan Dinçkal (Öffnet in einem neuen Tab) und PD Dr. Yasemin Niephaus (Öffnet in einem neuen Tab) (beide Universität) sind zum Thema für einen Vortrag zu Gast im Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften (Öffnet in einem neuen Tab) . Das spezielle Interesse der Gäste gilt dabei dem Wohnen als einem zentralen aber wenig hinterfragten Element des Alltags.
Projektvorstellung
In dem Projekt, das Prof. Dr. Noyan Dinçkal und PD Dr. Yasemin Niephaus vorstellen werden und das von der Wüstenrot-Stiftung gefördert wurde, wenden sie sich den Wohnsituationen und Wohnweisen von Arbeitsmigrant*innen aus der Türkei im städtischen Kontext zu. Es handelt sich hierbei um eine Gruppe, die spätestens seit den 1970er Jahren in vielen westdeutschen Städten und Stadtteilen eine relevante Akteursgruppe bildet. Das Interesse gilt den migrantischen Wahrnehmungen, Deutungen und Praktiken des Wohnens.
Im Zentrum steht die sogenannte Pioniergeneration türkischer Arbeitsmigrant*innen, d.h. all jene, die in den 1960er Jahren, nach dem am 30. Oktober 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei geschlossenen Anwerbeabkommen aus der Türkei in die BRD kamen. Ihre Wahrnehmungen, Deutungen und Praktiken des Wohnens im Prozess des Ankommens haben die Forschenden mit der Hilfe offener Erhebungsverfahren eingefangen. Geht man vom Erfahrungshorizont der Pioniergeneration aus, so muss das Wohnen neben Wohnungen auch Arbeitsbaracken und Wohnheime für „Gastarbeiter*innen“ umfassen.
Ohne den Befunden vorweggreifen zu wollen, vermuten Prof. Dr. Noyan Dinçkal und PD Dr. Yasemin Niephaus erstens, dass das Wohnen vielfältige Aspekte des migrantischen Alltags, wie etwa Essen, Freizeit, Sexualität, Familienbeziehungen, Ungleichheits- und Differenzerfahrungen umfasst, um nur einige zu nennen. Zweitens gehen sie davon aus, dass damit einhergehende migrantische Praktiken im urbanen Raum verständlich werden. Zu diesen zählen beispielsweise Quartiersbildungen, Nachbarschaftsnetzwerke, Selbsthilfegruppen aber auch ökonomisches Handeln auf kleinunternehmerischer Ebene. Drittens schlagen die Forschenden vor, migrantische Praktiken als eine den eigenen spezifischen Bedürfnissen und Interessen folgende Aneignung und aktive Veränderung städtischer Wohnverhältnisse in den Blick zu nehmen.
Teilnahme
Eine Anmeldung ist nicht notwendig, die Teilnahme ist kostenfrei.
Veranstalter
Veranstaltungsort
Emil-Figge-Straße 44
Raum 336